Begutachtete Artikel in FachzeitschriftenMakroanalysen. Potenziale, Grenzen und methodische Optionen am Beispiel des Nexus Familienpolitik und Fertilität
Bujard, Martin (2012)
Soziale Welt, Sonderband 19: 337–363
Quantitative Makroanalysen haben eine lange Forschungstradition und können auf diversen Themenfeldern angewandt werden. Jedoch gibt es auch vielfältige Kritik, die sich v.a. auf die fehlende Tiefenschärfe bezüglich einzelner Fälle (u.a. Ragin 2000) und bestimmte Methoden (u.a. Kittel 2005) bezieht oder ihnen sogar kausale Inferenzschlüsse abspricht (vgl. Neyer/Anderson 2008). In diesem Artikel werden in grundsätzlicher Weise – am konkreten Beispiel der familienpolitischen Wirkungsforschung – die Potenziale und Grenzen von Makroanalysen diskutiert. Reflexionen über Methoden und Forschungsdesign werden unternommen, um die Potenziale von Aggregatdatenforschung auszuloten und Grenzen sowie Interpretationsbedingungen zu beleuchten. Am Beispiel einer OECD-Studie wird gezeigt, dass nicht nur die statistisch-methodischen Möglichkeiten, sondern auch mehrere Entscheidungen des Forschungsdesign wegweisend für die Aussagefähigkeit von Makroanalysen sind. Sofern Makrostudien die zeitliche (Längsschnitt) und räumliche Breite abdecken und dem Omitted-Variable-Bias begegnen, löst sich die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse einiger Makrostudien auf. Die hier skizzierte Studie belegt die Wirksamkeit familienpolitischer Maßnahmen – insbesondere von Kinderbetreuung und Geldleistungen – auf die Geburtenrate, zeigt jedoch gleichzeitig auch Grenzen der Wirkung: Länderspezifische kulturelle, institutionelle und ökonomische Kontextfaktoren beeinflussen die Wirkung, so dass eine Übertragung familienpolitischer Maßnahmen anderer Länder nicht zwingend zu entsprechenden Fertilitätsraten führen muss. Dabei sind insbesondere Timelags zu beachten, die je nach kulturellem Kontext viele Jahre lang sein können. Makrobefunde können zur Erforschung der Effekte von Kontextfaktoren und Timelags beitragen.