Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Pressemitteilung • 08.06.2022Umzüge für den Job belasten Menschen mit geringer Bildung stärker als Hochgebildete

Jedes Jahr verlegen gut 3,9 Millionen Menschen in Deutschland ihren Wohnsitz in eine andere Gemeinde – viele davon aus beruflichen Gründen. Neben Vorteilen wie bessere Karrierechancen können Umzüge auch mit Belastungen einhergehen, etwa durch die Organisation des Umzugs, Schwierigkeiten bei der Pflege bereits existierender oder dem Aufbau neuer sozialer Beziehungen oder Gefühle von Heimweh und Einsamkeit. Dies alles kann sich auf das Wohlbefinden der betroffenen Personen auswirken. Wissenschaftler aus dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg haben in einer neuen Studie die Zusammenhänge von beruflich bedingten Umzügen mit der körperlichen und mentalen Gesundheit untersucht.

Dazu wurden Daten aus dem Soziooekonomischen Panel (SOEP) verwendet, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität vor und nach dem Umzug zu ermitteln. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Health & Place veröffentlicht.

Bildungsabschluss ist entscheidend

Wie aus der Studie hervorgeht, schätzen Menschen ihre körperliche Gesundheit direkt nach dem Umzug deutlich besser ein als zwei Jahre vor dem Ortswechsel. Bei der mentalen Gesundheit konnte hingegen nur eine leichte Verbesserung festgestellt werden. Dabei spielen vor allem Bildungsunterschiede eine zentrale Rolle: Während Personen mit Hochschulbildung noch bis zu vier Jahre nach dem Umzug über eine Verbesserung des eigenen Gesundheitszustands berichten, verspüren Personen mit höchstens Haupt- oder Realschulabschluss ohne Berufsausbildung eine Verschlechterung der körperlichen und mentalen Gesundheit, die in der Größenordnung mit dem Effekt einer Ehescheidung vergleichbar ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig: „Beruflich bedingte Umzüge gehen für besser Gebildete häufig mit Lohnanstiegen sowie einer Verbesserung der Arbeitssituation einher, was die Gesundheit positiv beeinflussen kann“, erklärt Dr. Nico Stawarz vom BiB. Außerdem sind Beschäftigte mit akademischem Abschluss eher in der Lage, den Arbeitgeber oder den Arbeitsplatz selbst zu wählen. Bei Menschen mit schlechteren Jobchancen erfolgt ein Umzug hingegen öfter, weil es bestimmte Umstände erfordern. „Unter solchen Bedingungen können Ortswechsel vermehrt zu Belastungen und Stress beitragen“, so Stawarz. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass bestehende soziale Unterschiede hinsichtlich der Bildung die Folgen von beruflichen Umzügen beeinflussen und damit gesundheitliche Ungleichheiten zwischen den Bildungsgruppen verstärkt werden können.

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