Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Erwerbspotenziale in Zeiten des Fachkräftemangels: Interdisziplinäre Perspektiven

Inhalt und Ziele

Der demografische Wandel in Deutschland geht mit einem sinkenden Erwerbspotenzial einher, was mit einer zunehmenden Knappheit an Fachkräften im deutschen Arbeitsmarkt verbunden ist. Diese Knappheit ist regional und sektoral unterschiedlich stark ausgeprägt. Bereits heute betrifft das Thema den deutschen Arbeitsmarkt und wird sich durch den aktuellen Übergang der Babyboomer-Generation in den Ruhestand noch weiter verstärken. Das abnehmende Erwerbspotenzial wird Implikationen für unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche haben – der Umgang damit wird zeigen, wie die Demografieresilienz der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft zu bewerten ist. Als die Einrichtung, welche forschungsbasiert die Bundesregierung zum demografischen Wandel berät, liefert das BiB mit seiner Forschung über alle Forschungsbereiche hinweg zentrale Erkenntnisse, mit welchen Veränderungen beim Erwerbspotenzial zu rechnen ist, und wie ihnen kurz-, mittel- und langfristig begegnet werden kann.

Mit der Forschung am BiB werden die unterschiedlichen Ansatzpunkte zur Erhöhung des Erwerbspotenzials und des Erwerbsvolumens untersucht. Die untersuchten Maßnahmen setzen am gesamten Lebensverlauf an. Dabei stehen die folgenden Aspekte im Vordergrund: die Nutzung aller Bildungspotenziale von Anfang an, die potenzielle Erhöhung des Erwerbsvolumens von Frauen, die potenzielle Ausweitung der Erwerbstätigkeit am Ende des Erwerbslebens und der Einfluss von Zuwanderung auf das Erwerbspotenzial.

Im Forschungsbereich 1 „Familie und Fertilität“ wird insbesondere an den Potenzialen einer anderen Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit im Lebensverlauf und zwischen den Geschlechtern geforscht. Hier geht es um Ansätze, die sogenannte „Rushhour des Lebens“ zu entzerren, was damit verbunden sein kann, dass Mütter, deren Kinder bereits im Schulalter oder volljährig sind, ihr Erwerbsvolumen ausdehnen und nicht mehr in einer Teilzeittätigkeit verharren. Dies entspricht vielfach den Vorstellungen in der Bevölkerung hinsichtlich der Erwerbsarbeit von Eltern mit älteren Kindern. Solche Befunde empirisch weiter differenziert zu analysieren, steht im Fokus unterschiedlicher Projekte, die auf neuen innovativen Erhebungsmethoden im Rahmen des FReDA-Projekts beruhen. Hinsichtlich der Ausweitung der Erwerbstätigkeit am Ende des Lebens beschäftigen sich Forschungsprojekte im Forschungsbereich 3 „Alterung, Mortalität und Bevölkerungsdynamik“ auf der Makroebene mit allgemeinen Trends, differenziert nach Geschlecht, Bildung und Erwerbssektor. Dabei werden auch Prognosen über zukünftige Entwicklungen angestellt. Auf der Mikroebene werden Rentenentscheidungen analysiert, um Informationen über die Motive zu erlangen, warum bestimmte Personengruppen früher oder später aus dem Arbeitsmarkt austreten.

Internationale Migration stellt einen weiteren Ansatzpunkt zur Erhöhung des Erwerbsvolumens dar. So ist dem Fachkräftemangel auch über eine Ausschöpfung des Erwerbspotenzials von Personen mit Migrations- und Fluchthintergrund zu begegnen. Am BiB wird in diesem Kontext insbesondere auf das Potenzial der nach Deutschland geflüchteten Menschen aus der Ukraine eingegangen. Die Arbeitsmarktbeteiligung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und ihrer Potenziale zur Deckung des Fachkräftebedarfs wird insbesondere im öffentlichen Sektor – der Verwaltung sowie dem Bildungs- und Betreuungssektor – systematisch im Forschungsbereich 2 „Migration und Mobilität“ untersucht.

Langfristig kann einem abnehmenden Erwerbspotenzial auch durch die Förderung des gesamten Bildungspotenzials von Anfang an begegnet werden. In diesem Kontext erforscht die Forschungsgruppe „Bildung und Humanvermögen“, wie insbesondere Bildungspotenziale von sozioökonomisch benachteiligten Kindern und Jugendlichen früh besser gefördert werden können. Auch die Potenziale von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund müssen frühzeitig entwickelt werden. Welche Ansatzpunkte in Programmen der „Frühen Hilfen“ oder auch der Kindertagesbetreuung zu sehen sind,
damit befasst sich die Forschungsgruppe im Sinne einer präventiven „Fachkräftestrategie“.

Bei dem forschungsbereichsübergreifenen Projekt geht es vorwiegend darum, die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Forschungsprojekten der Forschungseinheiten zusammenzutragen. Dies dient primär dem forschungsbasierten Transfer an die Politik und Fachöffentlichkeit.

Ansprechpersonen

Laufzeit

1/2023–12/2025

Ausgewählte Publikationen

Spiess, C. Katharina (2024):

WSI Mitteilungen 77.

Ette, Andreas; Spieß, Katharina C.; Bujard, Martin; Décieux, Jean; Gambaro, Ludovica; Gutu; Lidia; Milewski, Nadja; Ruckdeschel, Kerstin; Sauer, Lenore; Schmitz, Sophia (2023):

Bevölkerungsforschung Aktuell 6/2023: 3–16.

Bujard, Martin; Kleinschrot, Leonie (2024):

Bevölkerungsforschung Aktuell 1/2024: 3–9.

Dudel, Christian; Loichinger, Elke; Klüsener, Sebastian; Sulak, Harun; Myrskylä, Mikko (2023):

Demography 60(4): 1115–1137.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2024):

Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB).

Weitere Publikationen

Huebener, Mathias; Schmitz, Sophia; Spieß, C. Katharina; Binger, Lina (2023):

Abteilung Analyse, Planung und Beratung (Hrsg.): FES diskurs. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2022):

Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB).

Gambaro, Ludovica; Spiess, C. Katharina; Wrohlich, Katharina; Ziege, Elena (2023):

Comparative Population Studies 48.

Brücker, Herbert; Ette, Andreas; Grabka, Markus M.; Kosyakova, Yuliya; Niehues, Wenke; Rother, Nina; Spieß, C. Katharina; Zinn, Sabine; Bujard, Martin; Cardozo, Adriana; Décieux, Jean P.; Maddox, Amrei; Milewski, Nadja; Sauer, Lenore; Schmitz, Sophia; Schwanhäuser, Silvia; Siegert, Manuel; Steinhauer, Hans; Tanis, Kerstin (2023):

Comparative Population Studies 48: 395–424.

Milewski, Nadja; Décieux, Jean Philippe; Ette, Andreas; Bujard, Martin (2023):

Culture, Practice & Europeanization 8(2): 250–263.

Sauer, Lenore; Ette, Andreas Steinhauer, Hans Walter; Siegert, Manuel; Tanis, Kerstin (2023):

Comparative Population Studies 48: 261–280.

Neuberger, Franz; Rüttenauer, Tobias; Bujard, Martin (2022):

Demographic Research 46(24): 693–722.

Laß, Inga; Skora, Thomas; Rüger, Heiko; Mark Wooden; Bujard, Martin (2023):

Transportation (online first).

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