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Das Projekt „Fertilität im Kontext von Migration und Integration“ ist die Fortsetzung des Projekts „Internationaler und interkultureller Vergleich der Fertilität“; es fokussiert auf den Schwerpunkt ethnischer und religiöser Diversität. Diese Diversität resultiert aus den Zuwanderungsbewegungen der vergangenen Jahrzehnte und aus differenziellen demografischen Entwicklungen in den Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund. Für die Geburtenrate kommt dem Fertilitätsverhalten im Kontext von Migration und Integration eine besondere Rolle zu. Die europäischen Länder weisen seit Jahrzehnten eine für den zweiten demografischen Übergang charakteristische Niedrigfertilität auf. Zuwanderung erfolgt seit Jahrzehnten einerseits aus Ländern des globalen Südens, welche deutlich höhere Geburtenziffern hatten oder noch haben. Andererseits gewinnt die innereuropäische Migration quantitativ an Bedeutung, wobei die Unterschiede in Fertilitätsraten und Familienbildungsmustern zwischen Herkunfts- und Zielland geringer sind als bei Migrantinnen und Migranten aus anderen Regionen der Welt. Differenzielle Fertilität führt zu unterschiedlichem Bevölkerungswachstum zwischen Migrantinnen und Nichtmigrantinnen und damit zu einem steigenden Anteil der Bevölkerungsgruppen, die einer migrantischen oder ethnischen Minderheit zugeschrieben werden. Auffällig in der ländervergleichenden europäischen Fertilitätsforschung wie auch in empirischen Studien zu Deutschland ist die Fraktionierung der untersuchten Zielgruppen. Forschung zu einzelnen Ländern oder Ländervergleiche konzentrieren sich bei Makrostudien meist auf Durchschnittswerte und bei Mikrostudien meist auf die Mehrheitsbevölkerung und schließen Angehörige von migrantischen/ ethnischen Minderheiten implizit oder explizit aus.
In der theoretischen Reflektion über den zweiten demografischen Übergang und seine Variationen innerhalb und zwischen den Ländern Europas fehlt die Berücksichtigung migrantischer Teilbevölkerungen nahezu gänzlich. Dieses Projekt untersucht nicht nur vergleichend Personen mit und ohne Migrationshintergrund, sondern fokussiert vor allem auf die Vielfalt der Fertilitätsmuster innerhalb der migrantischen Bevölkerung. Dazu gehören der Vergleich von Frauen und Männern und Migrantengenerationen, aber auch die Untersuchung von Bildungsgruppen oder Religionszugehörigkeit und von Herkunftsregionen der Zugewanderten. Aus der Lebenslaufperspektive wird auf Mikroebene untersucht, inwiefern sich Wechselwirkungen zwischen Fertilitätsprozessen, anderen familiendynamischen Ereignissen und Teilhabeprozessen, etwa am Arbeitsmarkt, in migrantischen Gruppen unterscheiden. Migrantinnen und Migranten sind besonders vulnerable Gruppen, die teils durch unsichere Aufenthaltsbedingungen, soziale Unterschichtung und Marginalisierungsprozesse im Bereich reproduktiver Gesundheit gekennzeichnet sind. In diesem Projekt wird auch die Frage adressiert, wie sich Immigration und migrantische Fertilität letztlich auf die Bevölkerungsentwicklung auf Makroebene insgesamt auswirken.
Die Analyse von Fertilitätsverhalten wird komplementiert durch die Themenbereiche „Einstellungen und Familienplanung“ sowie „Teilhabe an familienpolitischen Maßnahmen“ wie zum Beispiel Kinderbetreuung und Elternzeit/-geld. Erste eigene Studien haben dargestellt, dass sich migrantische Gruppen nicht nur in den Familiengründungsmustern und Geburtenzahlen von der Mehrheitsbevölkerung unterscheiden, sondern auch in Einstellungen zu Familienplanung und Wissen über reproduktive Gesundheit. Zudem zeigt sich, dass Migrantinnen im Durchschnitt in geringerem Umfang und später auf Veränderungen von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Vergleich zu Frauen ohne Migrationshintergrund reagieren, etwa beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nach dem ersten Kind. Durch die Berücksichtigung beider Geschlechter, die Perspektive auf stratifiziertem Fertilitätsverhalten sowie die Berücksichtigung von Einstellungen und Familienplanung hat das Projekt einzigartigen Charakter in der deutschen Forschungslandschaft. Kooperationen bestehen im Haus mit der Forschungsgruppe 2.1 „Internationale Migration“.
Die Analysen basieren auf den für Sekundäranalysen verfügbaren international vergleichbaren Studien FReDA, pairfam, GGS, SOEP sowie Mikrozensus.
1/2020–12/2024