Inhalt und Ziele
In diesem Projekt geht es sowohl um die Analyse globaler Bevölkerungstrends als auch um vergleichende Untersuchungen einzelner Länder. Viele globale demografische Entwicklungen haben unweigerlich einen Einfluss auf Deutschland: So altern zum Beispiel die Bevölkerungen in vielen klassischen Zuwanderungsländern, so dass etwa zukünftig mit weniger Zuwanderung aus Osteuropa gerechnet werden muss. Gleichzeitig gibt es weiterhin Länder, vor allem in Subsahara-Afrika und Asien, deren Bevölkerungen trotz sinkender Geburtenraten auf absehbare Zeit weiterwachsen und deren Altersstrukturen sich von sehr jungen Bevölkerungen hin zu einem steigenden Anteil im erwerbsfähigen Alter verschieben werden. Gerade in Asien gibt es parallel jedoch auch immer mehr Länder, deren Bevölkerungen rasch (weiter-)altern, wodurch sie vor ähnlichen Herausforderungen wie Deutschland stehen.
Der Begriff der (ersten) demografischen Dividende taucht im Zusammenhang mit Entwicklungspotenzialen auf, die sich ergeben können, wenn der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in der Folge sinkender Geburtenraten steigt. Vor diesem Hintergrund wird in einem Teilprojekt die Verwendung des Konzepts der demografischen Dividende kritisch diskutiert, wobei Muster und Einflussfaktoren der ihr zugrundeliegenden Veränderungen in der Altersstruktur identifiziert und die Evidenzlage bezüglich der postulierten wirtschaftlichen Wachstumseffekte von Änderungen in der Altersstruktur überprüft werden. Hierbei erfolgt eine detaillierte globale Analyse von Ländern, deren Geburtenraten im Zuge des ersten demografischen Übergangs seit 1950 gesunken sind und die dadurch signifikante Änderungen in ihrer Altersstruktur erfahren haben. Die Ergebnisse dieser Forschung zeigen, dass diese Entwicklung alles andere als uniform verläuft: So sind Zweifel angebracht, inwieweit sich die Entwicklungen und Erfahrungen einiger ausgewählter Länder Asiens (vor allem die der sogenannten Tigerstaaten mit schnell sinkenden Geburtenraten und hohen wirtschaftlichen Wachstumsraten) auf andere Länder und Weltregionen übertragen lassen, in denen der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter weiterhin zunimmt beziehungsweise erst noch einen signifikanten Anstieg verzeichnen wird.
Ob diese Veränderung in der Altersstruktur tatsächlich zu gesteigertem Wirtschaftswachstum beiträgt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, unter denen das Humankapital der Bevölkerung besonders hervorsticht. Formale Bildung ist dabei nur ein Aspekt von Humankapital. So weisen individuelle Fähigkeiten im Vergleich zu formalen Bildungsabschlüssen in der Regel eine höhere Erklärungskraft für individuelle Arbeitsleistung und aggregiertes Wirtschaftswachstum auf. Auch eine steigende Frauenerwerbsbeteiligung kann einen zusätzlichen Wachstumsimpuls generieren. Daher erfolgt in einem Teilprojekt für den afrikanischen Kontinent eine eingehende Betrachtung des Qualifikationsniveaus der Bevölkerung ausgewählter Staaten in Abgrenzung zu deren formaler Bildung. Daran schließt eine Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Entwicklung der Qualifikationen der afrikanischen Bevölkerung im Kindes- und Jugendalter an. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse, die, wo angebracht, auch den Einfluss der Coronapandemie berücksichtigen, haben direkte Relevanz für die Formulierung von Zielen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und mögliche Maßnahmen sowohl durch die Bundesregierung als auch durch andere Akteure (zum Beispiel Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH, Vereinte Nationen).
Ein weiteres Teilprojekt zu Asien beschäftigt sich damit, inwieweit Zuwanderung die bisherige Bevölkerungsalterung beeinflusst hat und wie sich zukünftige Zuwanderung potenziell auf den weiteren Alterungsprozess auswirken könnte. Neben traditionellen Alterungsmaßzahlen werden hierbei auch neuere Konzepte wie “prospective age” verwendet. Diese beruhen nicht auf dem chronologischen Alter, sondern auf der Restlebenserwartung und erlauben daher einen alternativen Blick auf Alterung im Kontext steigender Lebenserwartung.neuere Konzepte wie “prospective age” verwendet. Diese beruhen nicht auf dem chronologischen Alter, sondern auf der Restlebenserwartung und erlauben daher einen alternativen Blick auf Alterung im Kontext steigender Lebenserwartung.