Inhalt und Ziele
In Deutschland existieren regionale Sterblichkeitsunterschiede, vor allem zu Ungunsten der östlichen, aber auch der nördlichen Bundesländer. Hierbei weist das nordöstlichste Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit einer vergleichsweise niedrigen durchschnittlichen Lebenserwartung eine Sonderstellung auf: Im 19. Jahrhundert verfügte es noch über eine relativ hohe Lebenserwartung und bietet heute als beliebtes Erholungsgebiet nach wie vor günstige natürliche Voraussetzungen für ein langes Leben, zum Beispiel die hervorragende Luftqualität.
Dieses Projekt untersucht daher die Entwicklung der vorzeitigen Sterblichkeit im deutschen Ostseeraum und die Ursachen für die niedrigere Lebenserwartung in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zum westlichen Nachbarn Schleswig-Holstein unter besonderer Berücksichtigung von „vermeidbarer Sterblichkeit“ und Stadt-Land-Unterschieden. Nachgegangen wird vor allem der Frage, welchen Beitrag regionale Unterschiede in der Qualität und Erreichbarkeit medizinischer Versorgung und welchen Beitrag regional unterschiedliche Kompositionen von risikorelevantem Verhalten zur Erklärung der bestehenden Unterschiede leisten. Dies ist insbesondere mit Blick auf das im Grundgesetz verankerte Ziel bundesweit gleichwertiger Lebensverhältnisse politisch relevant.
Weiterhin wird anhand eines historischen Datensatzes der Hansestadt Rostock die vorzeitige Sterblichkeit im 19. Jahrhundert analysiert, mit Fokus auf der Säuglingssterblichkeit. Aufgrund der Verfügbarkeit von Individualdaten mit Informationen zur Todesursache und zu sozioökonomischen Merkmalen der Eltern ist erstmals eine Erforschung des Einflusses sozialer Bedingungen auf die (todesursachenspezifische) Säuglingssterblichkeit in einem historischen urbanen, norddeutschen Kontext möglich.