Binnenwanderung | 28.11.2024Männerüberschuss in ländlichen Regionen Ostdeutschlands
Das ländliche Ostdeutschland gehört zu den Regionen in Europa mit dem niedrigsten Anteil von Frauen in Relation zu Männern. Eine aktuelle BiB-Studie untersucht die Ursachen für diese Entwicklung. Der seit 1991 beobachtbare Wanderungsverlust von Ost- nach Westdeutschland in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen hat sich auch 2023 fortgesetzt. Dies hat Folgen für die Geschlechterproportionen in Ostdeutschland.
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So gibt es besonders in peripheren und strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands seit geraumer Zeit gerade in den jüngeren Altersgruppen einen Überschuss an jungen Männern. Eine aktuelle Studie aus dem BiB untersucht, wie sich das Binnenmigrationsgeschehen zwischen ländlichen und städtischen Regionen auf die Geschlechterproportionen auswirkt.
Geschlechterproportionen seit der Wiedervereinigung im ländlichen Ostdeutschland
Das ländliche Ostdeutschland gehört zu den Regionen in Europa mit dem niedrigsten Anteil von Frauen in Relation zu Männern. In einigen Gebieten kommen bei den 18- bis 30-Jährigen weniger als 70 Frauen auf 100 Männer. Diese Ungleichheiten sind das Resultat von Wanderungsbewegungen vor allem der jungen Frauen von Ost- nach Westdeutschland. In den letzten Jahren hat die generelle Abwanderung aus Ostdeutschland allerdings an Dynamik verloren. Die Auswertungen zeigen, dass sich die Wanderungsbewegungen aus den ländlichen ostdeutschen Regionen seit den 2000er Jahren verändert haben.
Veränderung der Wanderungsbewegungen seit 2000
Die Wanderungsbewegungen der jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren haben in den 2000er Jahren zu einer Vergrößerung des Ungleichgewichts in den Geschlechterproportionen, also zu einem höheren Männeranteil im ländlichen Osten, geführt. In den 2010er Jahren tragen die Wanderungsbewegungen allerdings nicht mehr dazu bei, dass sich das Ungleichgewicht weiter verschärft. Das liegt unter anderem an der Abnahme der Abwanderung nach Westdeutschland und dass diese weit weniger selektiv nach Geschlecht ausfällt. Ebenso haben sich die Hauptzielorte der Wanderung über die Jahre verändert: Galt in den frühen 2000er Jahren Westdeutschland als Hauptziel, so sind es seit den 2010er Jahren vermehrt die städtischen Regionen in Ostdeutschland.
Keine schnelle Angleichung der Geschlechterverhältnisse
Ob sich die Geschlechterverhältnisse irgendwann wieder angleichen werden ist nicht leicht zu beantworten und hängt unter anderem von der Dynamik des Binnenwanderungsgeschehens sowie von der internationalen Wanderung ab. „Momentan sieht es nicht danach aus, dass sich die Geschlechterproportionen im ländlichen Osten schnell angleichen werden“, sagt der Mitautor der Studie, BiB-Wissenschaftler Dr. Nico Stawarz. Als durchaus positiv ist allerdings der Trend hin zur Wanderung in die ostdeutschen Städte zu bewerten. Von diesem könnten langfristig die Umlandgemeinden der Städte profitieren – wenn es gelingt, Karriereperspektiven zu schaffen und Männer und Frauen in den Regionen zu halten.
Originalpublikation
Stawarz, Nico; Rosenbaum-Feldbrügge, Matthias; Brehm, Uta; Sander, Nikola (2024): No place for young women? The impact of internal migration on adult sex ratios in rural East Germany. Population Studies 78(3): 547–562