Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Berliner Demografiegespräch • 07.06.2024Wählerschaft im Wandel durch Einbürgerung?

Welche Folgen zunehmende Einbürgerung für die Zusammensetzung der Wahlberechtigten in Deutschland hat, erläuterte Thomas Körner (Destatis) beim Demografiegespräch des BiB und des Statistischen Bundesamtes am 29. Mai 2024. BiB-Wissenschaftlerin Elena Ziege präsentierte erste Analysen zum Zusammenhang zwischen der Staatsangehörigkeit und dem Bildungserfolg von Kindern mit Zuwanderungshintergrund.

Menschenmenge in Bewegung Quelle: © babaroga/stock.adobe.com

Bei der anstehenden Europawahl sind rund 65 Millionen Menschen in Deutschland wahlberechtigt. „Damit ist Deutschland innerhalb der EU das Land mit den meisten Wahlberechtigten“, betonte Thomas Körner, Leiter des Referats Bevölkerungsstatistische Auswertungen und Analysen aus dem Mikrozensus im Statistischen Bundesamt (Destatis). Von den Wahlberechtigten sind 15 Prozent unter 30 Jahren alt, rund 56 Prozent sind 50 Jahre oder älter.

Anteil der älteren Wahlberechtigten wächst

Vor dem Hintergrund des abgesenkten Wahlalters zur Europawahl wies er darauf hin, dass 2,2 Prozent der Wahlberechtigten 16 oder 17 Jahre alt sind und erstmals wählen dürfen. Weiter zunehmen wird das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten. Im Jahr 2023 bildeten die 55- bis 64-Jährigen die größte Altersgruppe. 2013 lag sie noch bei den 45- bis 54-Jährigen. „Bei der aktuellen Europawahl wird der Anstieg noch gedämpft durch die Wahlbeteiligung der 16- bis 17-Jährigen sowie die EU-Ausländerinnen und -Ausländer“, analysierte Körner. Einen besonderen Fokus richtete der Statistiker auf die Gruppe der Wahlberechtigten mit Einwanderungsgeschichte.

Wahlberechtigte mit Einwanderungsgeschichte

Mit dem Anstieg der Einbürgerungszahl im Zuge des 2000 geänderten Staatsangehörigkeitsrechts ist auch die Zahl der Wahlberechtigten gewachsen: Lag 2013 nach den Daten des Mikrozensus der Anteil der Wahlberechtigten ab 18 Jahren mit Einwanderungsgeschichte bei 12,1 Prozent, so waren es 2023 17,3 Prozent. Dabei haben Wahlberechtigte mit Einwanderungsgeschichte ihre Wahlberechtigung durch Geburt (19 Prozent), als (Spät-)Aussiedler (23 Prozent), durch Einbürgerung (22 Prozent) oder als EU-Ausländer/-innen (35 Prozent) erworben. „Es ist hier ein Anstieg zu erkennen, bei der sich Elemente der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, wie die erleichterte Einbürgerung und bei den Nachkommen das Optionsmodell auswirken“, erklärte der Statistiker.

Wer darf nicht wählen?

Nicht wahlberechtigt bei der Europawahl sind 6,3 Millionen Menschen (9 Prozent) ab 16 Jahren. Der Blick auf die Herkunftsländer zeigt, dass vor allem Menschen aus der Türkei, Syrien und der Ukraine nicht wahlberechtigt sind. „Bei Syrien und der Ukraine liegt die Zuwanderung vielfach noch nicht so lang zurück, so dass die Möglichkeit der Einbürgerung nicht gegeben ist. 30 Prozent der nicht Wahlberechtigten sind allerdings bereits 20 Jahre und länger im Land.“

Auswirkungen früher Staatsbürgerschaft

Mit dieser Frage beschäftigte sich BiB-Wissenschaftlerin Elena Ziege in ihrem Beitrag. In einem Forschungsprojekt des BiB, welches durch die Stiftung Ravensburger Verlag finanziert wird, stellt sie zum einen unterschiedliche Wirkungen von bisherigen Reformen im Staatsbürgerschaftsrecht zusammen und zum anderen untersucht sie die Auswirkungen der deutschen Staatsangehörigkeit auf den Bildungserfolg von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte. Bisherige Studien haben unter anderem gezeigt, dass ein Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit für Kinder den Kitabesuch erhöht, Klassenwiederholungen reduziert und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Kinder in der 5. Klasse ein Gymnasium besuchen. Ebenso verbessert sich das sozio-emotionale Verhalten von Kindergartenkindern.

Höheres Bildungsniveau für bessere Teilhabe

Erste Befunde aus Elena Zieges Forschungsarbeit belegen positive Auswirkungen eines möglichst frühen Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte: „Dadurch erhöht sich das schulische Engagement der Eltern als wichtige Voraussetzung für einen Bildungserfolg“, so die BiB-Forscherin. Damit steigt langfristig die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder das Abitur erreichen. Nicht zuletzt hat ein höheres Bildungsniveau auch Auswirkungen auf gesellschaftliche Teilhabe und das Wahlverhalten. Dies gilt gerade im Hinblick für das Potenzial an künftigen Wählerinnen und Wählern.

Hintergrund

Die Vortragsreihe „Berliner Demografiegespräche“ ist ein Format des Berliner Büros des BiB und der Hauptstadtkommunikation von Destatis. Die Reihe richtet sich an Interessierte aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung und informiert über Erkenntnisse aus amtlicher Statistik und Forschung.

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