Demografische Trends in Deutschland | 15.12.2023Steigende Bevölkerungszahl, rückläufige Lebenserwartung und hohe Migrationsdynamik
Bei der Bevölkerungszahl und der Lebenserwartung hat es in Deutschland zwischen 2012 und 2022 unerwartete Entwicklungen gegeben. Eine Beilage des BiB in der „Geographischen Rundschau“ gibt einen Überblick zu den demografischen Trends der letzten 10 Jahre.
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Obwohl sich demografische Entwicklungen relativ gut vorhersagen lassen, ist es zwischen 2012 und 2022 zu zwei unerwarteten Ereignissen gekommen: Zum einen ist die Bevölkerungszahl in Deutschland um knapp vier Millionen Menschen auf etwa 84,4 Millionen Menschen angewachsen. Zum anderen gab es bedingt durch die Coronapandemie Entwicklungen bei der Sterblichkeit, die so nicht vorhersehbar waren. Der Beitrag „Zur demografischen Lage Deutschlands“ eines BiB-Forscherteams untersucht diese Veränderungen mit Blick auf die drei zentralen Faktoren der Bevölkerungsentwicklung: die Geburtenzahlen, die Lebenserwartung sowie die Migration.
Höchste Geburtenzahlen seit Ende der 1990er Jahre
Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre wurden 758.000 Kinder pro Jahr geboren. Dabei hat die Zahl der Lebendgeburten zwischen 2012 und 2022 zugenommen. Dieser Anstieg hat sich 2022 allerdings wieder etwas abgeschwächt. Verantwortlich für diesen Anstieg sind neben strukturellen Effekten beim Bevölkerungsaufbau unter anderem auch die Zuwanderung von Frauen im gebärfähigen Alter. Darüber hinaus ist seit 2012 auch die Fertilität der Frauen insgesamt gestiegen. Die sogenannte „Zusammengefasste Geburtenziffer“ lag bei 1,4 Kindern pro Frau und ist bis 2016 auf 1,59 angewachsen. Heute liegt sie wieder bei 1,46.
Mehr Tote durch Corona
Die Zahl der Todesfälle ist 2021 gegenüber dem Vergleichsjahr 2012 um 18 Prozent auf 1.024.000 Todesfälle angestiegen. Damit sind zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesrepublik innerhalb eines Jahres mehr als eine Million Menschen gestorben. Dieser Anstieg lässt sich zum großen Teil mit der steigenden Anzahl an betagten Menschen über 80 Jahren erklären. In den letzten Jahren war die Sterblichkeitsentwicklung auch stark durch die Coronapandemie beeinflusst. So sank die Lebenserwartung zwischen 2020 und 2023 in drei aufeinanderfolgenden Jahren. Zugleich hat sich die Lebenserwartung in diesem Zeitraum auch regional sehr unterschiedlich entwickelt (siehe Abbildung). Dabei ging die Lebenserwartung in den östlichen Bundesländern am stärksten zurück.
Entwicklung der Lebenserwartung während der Coronapandemie; *Für Bremen wird 2018 als Vergleichsjahr verwendet, da Bremen 2019 eine ungewöhnlich hohe Lebenserwartung verzeichnet hat.
Quelle: BiB; Datenquelle: Statistisches Bundesamt
Phasenweise hohe Migrationsdynamik
Seit 2012 ist in Deutschland ein erhöhtes Migrationsgeschehen zu beobachten. Dies zeigt sich durch den Zuzug von 6,1 Millionen Menschen zwischen 2012 und 2022. Betrachtet man die Herkunftsregionen über die Dauer der letzten zehn Jahre, zeigt sich, dass rund 60 Prozent aus europäischen Ländern stammen. Im letzten Jahr suchten, bedingt durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, insbesondere ukrainische Frauen und Kinder Zuflucht in Deutschland.
Demografischer Wandel bleibt Megathema
Die skizzierten demografischen Befunde werden die Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen. Da ist zum einen die gestiegene Nachfrage nach Kitas und Schulen im Zuge gestiegener Geburtenzahlen. Hinzu kommt der Übergang der Babyboomergeneration in den Ruhestand, was den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt verstärken wird. Und auch die langfristigen Trends der Bevölkerungsalterung und -schrumpfung bleiben bestehen und werden Politik und Gesellschaft in Zukunft weiter beschäftigen.