Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ | 27.11.202050 Jahre Politikberatung für die Familienpolitik
Zu seinem runden Jubiläum publiziert der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ein Themenheft in der Reihe „Sozialer Fortschritt“. Die Analysen verdeutlichen, wie breit und interdisziplinär die Themen des Beirats ausgerichtet sind. Mit zwei Artikeln ist PD Dr. Martin Bujard, Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), beteiligt. Zudem sind die BiB-Kuratorinnen Prof. Dr. Claudia Diehl, Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld und Prof. Dr. C. Katharina Spieß mit Beiträgen vertreten. Sie stehen alle unter der gemeinsamen Leitfrage, was denn der jeweilige (disziplinäre) Beitrag zur Politikberatung durch den Familienbeirat ist.
Zunächst geben Jörg M. Fegert und Irene Gerlach einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Beirats und richten den Blick zugleich auf mögliche Zukunftsfelder der Politikberatung.
Möglichkeiten und Konsequenzen der Reproduktionsmedizin
Dazu gehört sicherlich auch das Thema von Martin Bujard, Heiner Fangerau und Evelyn Korn. Sie stellen die Bedeutung von neuesten Verfahren der Reproduktionsmedizin für die Lebenslaufplanung von Frauen heraus und zeigen die möglichen individuellen und gesellschaftlichen Konsequenzen auf.
Größtmöglicher Gesundheitsschutz für Mütter
Wie sich der Mutterschutz der Frau über die Jahrzehnte in Deutschland bis zur letzten Reform im Jahr 2018 entwickelt hat, zeichnet Katja Nebe nach. Sie zeigt, dass es sich hier auch künftig um „ein nicht zu unterschätzendes Feld familienpolitischer Gestaltung“ handelt.
Zentren für Familie und ihre Wirkung
Welche nationale und internationale Evidenz Zentren für Familien haben, in denen die gesamte Familie (und nicht nur die Kinder) in den Blick rücken, betrachtet C. Katharina Spieß mit Blick auf die Wirkungen auf Kinder, Eltern und Familien. Auch wenn kurzfristige Effekte der Zentren auf Eltern und Kinder nachgewiesen werden können, bedarf es aber noch weiterer Wirkungsforschung, lautet ihr Resümee.
Förderung der Integration von Flüchtlingsfamilien durch Kinderbetreuung
Für eine stärkere Beachtung der Lebenslagen und Lebensformen geflüchteter Familien im Integrationsprozess und die große Bedeutung der institutionellen Kinderbetreuung in diesem Zusammenhang plädieren Martin Bujard, Claudia Diehl, Michaela Kreyenfeld, Birgit Leyendecker und C. Katharina Spieß. Sie wollen damit diesen für die Integration der Familien zentralen Aspekt in die Flüchtlingsdebatte einbringen und somit letztlich auch Handlungsempfehlungen für die Politik geben.
Verschiedene Perspektiven auf die Ganztagsschule
Mit dem Zusammenspiel von Familie und Ganztagsschule an der Schnittstelle zwischen Familien-, Kindheits- und Jugendforschung befassen sich Sabine Andresen und Wolfgang Schröer. Sie gehen dabei von der Beobachtung aus, dass es hier aufgrund der Vielfalt an Interessenlagen eines Forschungs- und Beratungsblicks aus vielerlei Perspektiven bedarf.
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch das Homeoffice?
Die Frage, inwieweit das Arbeiten im Homeoffice dazu beiträgt, berufliche und familiäre Pflichten besser zu vereinbaren, betrachten Martin Diewald und Katja Nebe aus einer soziologischen und rechtswissenschaftlichen Perspektive. Dabei wird gezeigt, unter welchen Bedingungen sinnvoll eingesetztes Homeoffice gelingen, aber auch misslingen kann.
Erleichterung der Folgen von Trennung oder Scheidung
Wenn sich Eltern trennen beziehungsweise scheiden lassen, leiden vor allem die Kinder. Wie dies vermieden werden kann, zeigen Kurt Hahlweg und Sabine Walper mit einem methodenkritischen Überblick über Beratungs- und Unterstützungsangebote für Paare vor, während und nach einer Trennung oder Scheidung. Diese Interventionen sind aus ihrer Sicht notwendig, um eine Begrenzung oder Beilegung der elterlichen Konflikte zu erleichtern.
Die Familie bei der Pflege stärken
Im letzten Beitrag des Heftes beleuchten Miriam Beblo, Margarete Schuler-Harms und Martin Werding die Frage der Familiengerechtigkeit in der sozialen Pflegeversicherung. Sie plädieren für eine stärkere Unterstützung von Familien sowohl auf der Beitrags- als auch auf der Leistungsseite, da ein Großteil der Pflegeleistungen innerhalb der Familie erbracht wird. Daher bedarf es beispielsweise aus ihrer Sicht „bei der arbeitsrechtlichen und finanziellen Absicherung pflegender Angehöriger“ einer stärkeren Förderung. Damit soll die vorhandene Schieflage zwischen stationärer und häuslicher Versorgung abgemildert werden.
Miriam Beblo, Jörg M. Fegert, Margarete Schuler-Harms, Martin Werding (2020) (Hrsg.): #FamilienLeben – 50 Jahre wissenschaftliche Beratung für eine nachhaltige Familienpolitik. Sozialer Fortschritt (69): 8-9/2020