Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Artikel in „Advances in Life Course Research“ • 27.07.2020Verändert sich die Wahrnehmung von Fertilitätsproblemen im Zeitverlauf?

Ein aktueller Beitrag nimmt eine neue Perspektive auf Infertilität im Lebensverlauf ein. Es wird untersucht, inwieweit Frauen und Männer sich als unfruchtbar wahrnehmen, wie stabil diese Wahrnehmung im Zeitverlauf ist und von welchen Faktoren Veränderungen in der Selbstwahrnehmung abhängen. Mit dem steigenden Alter bei der ersten Geburt nimmt auch das Infertilitätsrisiko zu. Als Konsequenz wenden sich immer mehr Paare an die Reproduktionsmedizin. Trotz der zunehmenden Bedeutung des Themas für Analysen zur Fertilität gibt es bisher nur sehr begrenzt Studien dazu.

Schwangerschaftstests Quelle: © Flora Panzner / Adobe Stock

Diese Längsschnittstudie zeigt, dass Frauen und Männer, die jemals Fertilitätsprobleme wahrnehmen, ihre Wahrnehmung häufig ändern. Sie untersucht, welche Rolle sich verändernde Lebensbedingungen und strukturelle Faktoren dabei spielen. Grundsätzlich gilt, dass Infertilität nicht gleichzusetzen ist mit Sterilität und somit keinen dauerhaften Zustand darstellt. Dies sollte insbesondere für die eigene subjektive Wahrnehmung der Zeugungsfähigkeit im gebärfähigen Alter gelten. Trotzdem wird dieser Indikator von Fertilitätsforschern gelegentlich als stabil betrachtet.

Begrenztes Fertilitätsfenster bei den Frauen

Auf der Basis von sieben Wellen des SurveysPanel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics (pairfam)“ wird aufgezeigt, dass im Durchschnitt jede Zwanzigste der befragten Personen im gebärfähigen Alter einmal ein Unvermögen zur Fortpflanzung wahrnimmt. Mit steigendem Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit deutlich, wobei der Anstieg bei Frauen stärker ausfällt.

Selbstwahrnehmung als infertil verändert sich

Deutlich wird darüber hinaus, wie instabil die Eigenwahrnehmungen sind: Im Durchschnitt ändern 39 Prozent der Frauen und 48 Prozent der Männer ihre Wahrnehmung innerhalb eines Jahres von (eher) unfruchtbar zu (eher) fruchtbar. Wiederholte Änderungen kommen durchaus vor. „Damit sollte klar sein, dass Fertilitätsprobleme als zeitveränderliches Phänomen in Fertilitätsanalysen berücksichtigt werden sollten. Die Betrachtung der betroffenen Personen ermöglicht es, Veränderungen in Fertilitätsintentionen, das Verhütungsverhalten oder die (Nicht-)Realisierung von Kinderwünschen besser zu verstehen“, betont die Erstautorin der Studie, Dr. Jasmin Passet-Wittig.

Wahrnehmung eines Fertilitätsproblems steigt mit dem Alter

Um die Veränderungen in der Wahrnehmung von Fertilitätsproblemen besser zu verstehen, wurden weitere Analysen durchgeführt. Sie zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Fertilitätsproblem wahrzunehmen, mit dem Alter steigt. Zudem hängt die Selbstwahrnehmung maßgeblich mit der Wahrnehmung von Fertilitätsproblemen beim Partner zusammen. Wird nicht verhütet, ist das Risiko, sich als infertil einzuschätzen, erhöht. Darüber hinaus unterscheidet sich die Selbstwahrnehmung abhängig von der Kinderzahl, der Bildung, dem Migrationshintergrund und der Religionszugehörigkeit.

Passet-Wittig, Jasmin; Bujard, Martin; McQuillan, Julia; Greil, Arthur L. (2020): Is perception of inability to procreate a temporal phenomenon? A longitudinal exploration of changes and determinants among women and men of reproductive age in Germany. In: Advances in Life Course Research (online)

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK