Artikel in „Zeitschrift für Familienforschung“ • 28.01.2020Zusammen oder getrennt? Fluchtmigration von Paaren
Wie funktionieren Migrations- und Familiennachzugsprozesse verheirateter Männer und Frauen aus Afghanistan, Irak und Syrien, wenn sie nach Deutschland fliehen? In dem Beitrag stehen vor allem die verschiedenen Formen paarspezifischer Migrationspraktiken (gemeinsame versus getrennte Ankunft) sowie die sozioökonomischen Bedingungen für die Wahrscheinlichkeit eines Familiennachzugs der im Ausland verbliebenen Partner im Fokus.
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Auf Basis der Daten der ersten und zweiten Welle der Geflüchtetenstichprobe des Sozio-oekonomischen Panels (IAB-BAMF-SOEP) aus den Jahren 2016 und 2017 werden verschiedene Formen paarspezifischer Migrationspraktiken analysiert. Dabei richtet sich der Blick auch auf die Wahrscheinlichkeit des Nachzugs des im Ausland verbliebenen Partners oder der Partnerin innerhalb eines Jahres. Es wird untersucht, inwieweit diese auf sozioökonomische Bedingungen sowie die Existenz und Anzahl von Kindern, Familiennetzwerke sowie die rechtliche Situation zurückzuführen ist.
Familiennetzwerke im Zielland sind ein wichtiger Faktor
Die Befunde bestätigen den vielfältigen Einfluss verschiedener Faktoren auf eine gemeinsame beziehungsweise getrennte Migration der Partner: So steigt die Chance einer gemeinsamen Migration, wenn die Paare minderjährige Kinder haben im Vergleich zu kinderlosen Paaren beziehungsweise mit nur erwachsenen Kindern. Deutlich wird zudem, dass die Alleinmigration von Frauen und Männern mit dem Vorhandensein eines erweiterten Familiennetzwerkes am Zielort verbunden ist. Dieses Netzwerk ist auch für eine Wiedervereinigung mit dem im Ausland lebenden Partner von hoher Relevanz. Allerdings sind die Effekte für Frauen und Männer unterschiedlich. Außerdem spielt für einen schnellen Nachzug von im Ausland verbliebenen Frauen der rechtliche Status von ihren zuerst migrierten Männern eine große Rolle.
Unterschiedliche Migrationsprozesse von Frauen und Männern
Insgesamt belegen die Resultate, dass Fluchtmigration in dem hier untersuchten geografischen Kontext ein geschlechtsspezifischer Prozess ist, bei dem sich bestimmte Faktoren unterschiedlich auf die Migration von Frauen beziehungsweise Männern auswirken. Darüber hinaus zeigt sich, dass Zusammenhänge und Erklärungen ökonomisch motivierter Migrationsentscheidungen und -praktiken sich nicht ohne weiteres auf Fluchtmigration übertragen lassen, sondern angepasst werden sollten.
Kraus, Elisabeth K.; Sauer, Lenore; Wenzel, Laura (2019): Together or apart? Spousal migration and reunification practices of recent refugees to Germany. Zeitschrift für Familienforschung / Journal of Family Research (3): 303-332.