Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Sammelband „New Parents in Europe“ • 30.07.2019Wie können „abweichende“ Geschlechterrollenideen nach der Geburt umgesetzt werden?

Auf der Basis von qualitativen Interviews mit 14 Paaren wird untersucht, inwieweit sich die Vorstellungen werdender Eltern zur Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes in die Praxis haben umsetzen lassen beziehungsweise verändert haben. Dies geschieht in Kontrastierung zu dominanten normativen gesellschaftlichen Erwartungen in Westdeutschland - und zwar kurz bevor im Jahr 2007 umfassende familienpolitische Maßnahmen wie die Elternzeit eingeführt wurden. Dabei wird auch deutlich, wie sehr sich mit der Etablierung dieser familienpolitischen Zeitenwende die Vereinbarkeitsproblematik für Mütter und Väter mittlerweile auch im Hinblick auf gesellschaftliche Rollenbilder und Erwartungshaltungen verändert hat.

Abweichungen vom Rollenmodell der Mütter und Väter

In den Jahren 2006 und 2007, als die Interviews durchgeführt wurden, war der institutionelle und normative gesellschaftliche Kontext weitgehend durch ein Leitbild geprägt, in dem Mütter für die Kinderbetreuung und Väter für den ökonomischen Unterhalt der Familie zuständig waren. Die Auswertungen zeigen, dass 8 der 14 Paare von diesen Leitbildern abweichende Aufteilungen von Beruf und Kinderbetreuung planten und umsetzten. Die Mütter kehrten beispielsweise während des ersten Jahres nach der Geburt in den Beruf (meist in Teilzeit) zurück. Auch zwei Väter handelten nicht entsprechend dem Ernährermodell: Sie reduzierten ihre Erwerbsarbeitsstunden, um sich stärker ihren Kindern widmen zu können. Dies war für den damaligen Zeitpunkt für Deutschland ungewöhnlich. Insgesamt wichen somit mehr Mütter bis zu einem gewissen Grad vom damals vorherrschenden Bild der in den ersten Jahren nach der Geburt allein kinderbetreuenden Mutter ab, während der Anteil der Väter mit abweichendem Verhalten zum traditionellen Ernährermodell niedriger lag.

Gründe für das „abweichende“ Verhalten

Verantwortlich für den Wunsch der Frauen nach einer Rückkehr in den Beruf im ersten Jahr nach der Geburt war vor allem die starke Identifizierung mit ihrem Beruf sowohl vor als auch nach der Geburt ihres Kindes. Dabei spielten aber auch andere Ursachen für das unkonventionelle Verhalten bei der Vereinbarkeitsfrage eine Rolle. Genannt wurden von den Befragten etwa das Ideal der Geschlechtergleichheit (insbesondere auch im Hinblick auf die stärkere Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung), finanzielle Ursachen und eine passende Situation am Arbeitsplatz.

Anna Dechant, Annika Rinklake (2019): Working and caring: German couples´ realizations of non-normative work-care plans. In: Daniela Grunow, Marie Evertsson (Hrsg.): New Parents in Europe. Work-Care Practices, Gender Norms and Family Policies. Edward Elgar Northampton

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK